Kreiszeitung Böblinger Bote
Bühne frei für Starkmacher und Co: Schüler der Albert-Schweitzer-Realschule und der Pestalozzi-Schule begeistern in der Kongresshalle.
Da wuselt und rennt es, plappert lautstark und rutscht nervös auf den Plätzen hin und her: das junge Publikum vor Beginn des Musicals Streetlight in der Böblinger Kongresshalle.
Von Jutta Rebmann
BÖBLINGEN. Viele der Jungen und Mädchen werden gleich bei der Aufführung auf der Bühne stehen. Eine ganze Woche lang haben sie mit der Internationalen Band GenRosso getanzt, Musik gemacht, geübt und gelernt, wie man sich auf einer Bühne bewegt – oder Ton abmischt, oder eine Choreographie erarbeitet. Der Lohn der vielen Arbeit: Am Mittwoch- und am Donnerstagabend der vergangenen Woche hatten die Schülerinnen und Schüler der Albert-Schweitzer-Realschule und zweier Klassen der Pestalozzi- Förderschule Gelegenheit, ihre Talente und Begabungen bühnenwirksam zur Geltung zu bringen.
Clemens König, Lehrer an der Musik- und Kunstschule Böblingen, hatte sich seit einiger Zeit um die Durchführung dieses Selbstbewusstsein und Stärke der Kinder stützenden Projektes bemüht. Denn wer stark verankert ist, der ist für Gewalt weniger empfänglich, kann Konflikte besser meistern. Ganz in den Dienst dieser Aufgabe gestellt hat sich die Band GenRosso. Alles begann 1966, als eine Band in einem kleinen Ort bei Florenz ein knallrotes Schlagzeug geschenkt bekam. Damit war der Name „GenRosso“ geboren. Bei den Aufführungen in der Böblinger Kongresshalle leuchtet das knallrote Schlagzeug von der Bühne. Symbol für die 18 Bandmitglieder aus neun verschiedenen Ländern. Eine Band, die ihren Sitz in der Toskana hat und für eine Woche in Böblingen Station machte, um „ Streetlight“ mit einigen hundert Jungen und Mädchen einzuüben. „ Streetlight“ erzählt die Geschichte des jungen Afroamerikaners Charles Moats, der 1969 in Chicago vor seiner Haustür von einem Gang-Führer erschossen wird. Weil er den Traum einer Welt ohne Gewalt leben wollte. Weil er die Spirale der Gewalt durchbrechen wollte in einer Welt, in der Gangs, Verbrechen und Gewalt zum täglichen Leben gehören. Er träumte, seine Talente und Begabungen dort wo er lebte, ohne Angst ausleben zu können.
Das Gewalt immer nur neue Gewalt hervorruft, das haben die jungen Akteure auf der Böblinger Bühne schnell begriffen. Hingebungsvoll singen und tanzen sie. Wie selbstverständlich stehen sie auf der Bühne des Europasaales. Sie sind stolz, dass Eltern, Freunde und Bekannte im Publikum sitzen, während sie Hip-Hop tanzen, singen und mit gespannter Aufmerksamkeit den Regieanweisungen folgen.
Zwei Abende hintereinander voller Konzentration vor einem großem Publikum stehen, das ist eine Leistung. Rektorin Gudrun Eberhard von der Albert-Schweitzer-Real- schule war dann auch sichtlich stolz auf die jungen Künstler ihrer Schule und der kooperierenden Pestalozzi-Schule. GenRosso hatte aber auch in den Workshops mit Hingabe und Einfühlungsvermögen den jungen Kollegen die Grundzüge der Regeln auf den Brettern, die die Welt bedeuten beigebracht, hatten schlummernde Talente entdeckt und gestützt, musikalische Begabungen in ganz neue Bahnen gelenkt. Tomek Mikusinski aus Polen, Ponsiano Changa aus Tansania und Eric Mwangi aus Ghana – um nur einige der Bandmitglieder zu nennen – bewiesen bei der Einstudierung jene Engelsgeduld, die nötig ist, um Höchstleistungen hervorzurufen. Und so waren am Ende der zweiten Aufführung alle restlos zufrieden: Initiator und Motor Clemens König, dessen Junger Kammerchor der Musik- und Kunstschule Böblingen als erster Chor bei einer Streetlight-Aufführung dabei war. Die Band GenRosso, deren Konzept, an einer Welt mitzuarbeiten, in der der Gewalt keine Chance bekommen darf. Die mitspielenden und mitorganisierenden Kinder und Jugendlichen, für die „Streetlight“ unvergesslich bleiben dürfte. Denn wer hat schon Gelegenheit, sein Talent und seine Begabung auf der Bühne des Europa-Saales nicht nur vor der eigenen Familie, sondern vor einem vielköpfigen Publikum beweisen zu können.
Zur Verwirklichung des Projektes haben zahlreiche Sponsoren, unter ihnen die Paul-Lechler-Stiftung, die Bürgerstiftung Böblingen, die Sozialstiftung der Kreissparkasse und die Böblinger Baugesellschaft beigetragen.