Kreiszeitung Böblinger Bote
Schwimmen: Sportvereinigung Böblingen bietet kostenlose Kurse für Erst- und Zweitklässler, die im Wasser noch ihre Probleme haben.
42 Prozent der Erst- und Zweitklässler in Böblingen können gar nicht oder schlecht schwimmen – dank einer Umfrage an den Grundschulen ist dieses Problem bekannt. Seit Montag arbeitet die SV Böblingen unter dem Motto„Schwimmen, ich lern’s!“ mit kostenlosen Kursen für 47 Kinder im Käthe-Kollwitz-Bad an der Lösung.
Von Michael Schwartz
BÖBLINGEN. Erst liegen sie nur ein bisschen auf den Treppen im Wasser und erzeugen Blubberblasen mit dem Mund. Der nächste Schritt beinhaltet, sich am Beckenrand entlang zu hangeln. Die einen tasten sich vorsichtig Zentimeter um Zentimeter voran, andere gehen da schon etwas forscher vor und kommen schneller ums Karree. Mit um den Körper geschlungenen Schaumstoffschlangen überqueren die Mädchen und Jungs schließlich die Wasserfläche, ohne sich irgendwo festzuhalten. „Hast du heimlich geübt Silas?“, fragt Christine Häberle, Leiterin der Abteilung Kindersport von der Sportvereinigung Böblingen, einen Teilnehmer. Silas schüttelt stolz den Kopf und pustet einmal kräftig durch, während er sich auf den Stufen kurz erholt.
Die Idee zu den Gratis-Kursen für Noch-Nichtschwimmer stammt von der Bürgerstiftung Böblingen. Vorstandsmitglied Eberhard Knoblauch hatte in Heidelberg von einem solchen Projekt unter der Schirmherrschaft von Franzi van Almsick in der Zeitung gelesen und kam mit seinem Vorschlag auf die SVB zu, die sofort mit im Boot war. Ebenso die Sozialstiftung der Kreissparkasse, die, wie die Bürgerstiftung, eine Hälfte der 5000 Euro zur Finanzierung der Benutzung des Käthe-Kollwitz-Schwimmbades.
In eben jenem Becken stehen die Kinder vor einer neuen Aufgabe. Vom Rand aus sollen sie ins tiefe Wasser hüpfen. Dort wartet schon SVB-Schwimmlehrerin Pia Kraus mit ausgebreiteten Armen, was den Sprung doch ein bisschen erleichtert, auch wenn manche kurz zögern. Etwas schwerer ist da schon der Weg ans andere Ufer. Lukas ist mehr damit beschäftigt, die Augen zusammenzukneifen, weil er so viele Wasserspritzer der paddelnden Füße abbekommt. „Ich komm da nicht vorwärts“, stellt er trotzig fest. Doch als die Gischt der Vorderschwimmer sich beruhigt hat, erreicht auch er noch das Ziel.
„Normalerweise starten unsere Schwimmkurse schon bei Dreijährigen“, erzählt Christine Häberle, „die Kids bei ’Schwimmen, ich lern’s’ sind sechs bis neun Jahre alt, haben teilweise schon Vorerfahrungen und sind koordinativ weiter.“ Außerdem laste auch ein gewisser Druck auf den Kleinen, weil sie im Schulschwimmen der dritten Klasse auf keinen Fall ins Nichtschwimmerbecken verbannt werden wollen. Daher sei der Wille zu lernen ebenfalls größer und die Schritte würden schneller umgesetzt werden.
Schüler sollen flach wie ein Krokodil im Wasser liegen
So auch, als die Grundschüler in Duos kleine Schaumstoffboote mit Bildchen schwimmend aus dem Wasser fischen müssen. „Streckt das Bild nach vorne weg“, bittet Pia Kraus ihre Schützlinge für den Rückweg. Auf diese Weise üben die Kinder spielerisch die richtige Körperhaltung, oder wie es bei den Kursleitern heißt: „Flach im Wasser liegen wie ein Krokodil.“ Normalerweise hat das Käthe-Kollwitz-Bad in den Ferien geschlossen, doch dank der idealen Voraussetzungen – der Beckenboden lässt sich nach oben und unten fahren, um die Wassertiefe zu regulieren – wurde eine Ausnahme gemacht.
Im kommenden Jahr will die SV Böblingen die Kurse wiederholen und sie auch früher ausschreiben. Christine Häberle ist sich sicher, dass das Programm in den Sommerferien dann ganz schnell ausgebucht sein wird. Zunächst einmal dürfen aber die Kinder des diesjährigen Schwimmunterrichts bei der Beachparty der SVB (siehe Bericht Seite 19) zeigen, was sie gelernt haben. Die kleine Show beginnt um 11 Uhr, eine Stunde später folgt die offizielle Scheckübergabe der finanziellen Unterstützer.
Argumente
Nicht schwimmen zu können, ist keine Schande. Die Ursachen sind vielfältig, möglicherweise finanzieller Natur oder weil die Eltern glauben, diese Fähigkeit sei (noch) nicht wichtig für Grundschüler. Und doch kann es vorkommen, dass Kinder deshalb gehänselt werden. Die Aktion „Schwimmen, ich lern’s“ macht durch Flyer auf das Thema aufmerksam und hilft dabei, dass die Kleinen endlich dem Plantschbecken entwachsen. Kostenlos und ganz ohne geldbedingte Barrieren. So kann verhindert werden, dass Mädchen und Jungs im Schulsport oder Freibad untergehen – sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinn.
Michael Schwartz